Huch, schon Frühling?

Gestern abend waren der Mann und ich alleine unterwegs – lauschig wollten wirs haben und gerieten ins Frühlingsfest (!) auf dem Souq: britisch anmutender Säbeltanz mit Dudelsackuntermahlung und (Ver)Schleiertanz mit Damen, Spielebuden (nur für Familien und Paare, Singles wurden weggeschickt), Konzerte auf Bühnen und natürlich essen, trinken, kaufen (unter anderem einen Hauskaftan für den Mann). Einen kleinen Eindruck mögen die nachfolgenden Filmschnipsel geben. Mama, so kann der Souq auch sein! Weiterlesen

Das Tal der Kulturen

Das Gefühl zu Hause zu sein, wird stärker. Der Sohn befindet sich auf immer sichererem Terrain. Es wird alles ein normaler. Deshalb wahrscheinlich auch kein dauerndes „Ah“ und „Oh“ mehr. Der Genuss beginnt und ich bewege mich ebenfalls cool mit meinem Wagen durch die Stadt, yeah!

Der Blick auf Details wird weiter und das Bedürfnis alles und jeden zu fotografieren ändert sich zur Lust hinzuschauen und nicht nur abzulichten. Ich freue mich darüber meine Mutter durch die Stadt zu gondeln und auf ihre Fragen zu antworten.  Morgen ist endlich wieder Wochenende und wir werden eine Tour machen: zunächst »Katara« besichtigen, dann in die Wüste zum Sonnenuntergang hinter den Dünen.

Katara ist ein Viertel, in dem Unterhaltung und Kultur auf einem etwas höheren Niveau stattfindet: kein McDonalds, Halligalli, und Big Shopping (wie in den Malls), sondern schöne Läden, Cafés, Restaurants, Theater und Möglichkeiten zum Spazierengehen, Galerien, Ausstellungen und Gebäude aus alten Zeiten, liebevoll neuaufgebaut.

Das Signet von Katara ist mir gleich zu Anfang hier aufgefallen, denn es verbindet wunderbar die arabische Schrift mit der unsrigen. Durch diese Verbindung entsteht immer auch ein Bild, wie ich finde. Zwar mag ich auch die schnörkeligen, kalligrafischen Formen*, die man sehr oft hier findet, aber dieses Logo ist modern, ansprechend und einfach nur schön. Ich weiß nicht, ob die Schrift extra gezeichnet wurde, oder es tatsächlich so vielfältige adäquate arabische Typografie gibt, die man immer entsprechend kombinieren kann. Ich mache gerade auch ein kombiniertes Logo und werde versuchen das mal herauszufinden.
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Auch das Logo unseres Wohndorfes „Alfardan Gardens“ ist sehr schön. Die Schnörkel bedeuten das Wort „Alfardan“. Drunter steht dann die für uns lesbare Version des Namens. Ich gebe zu, es ähnelt arg dem Logo des Fernsehsenders Al Jazeera (auch wunderbar), aber das Gekruschel heißt hier eben „Al Jazeera“.
Es ist manchmal schwer, die Buchstaben zu entziffern, da der Kalligraf die Buchstaben oft sehr verzerrt und verfremdet. Da in Arabien die bildnerische Darstellung (besondern in der schriftlichen Umsetzung des Koran) verboten war/ist, hat man diese Form der bildnerischen Umsetzung gewählt und im Laufe der Jahre zu einer Kunstform entwickelt*. Das kann dann auch schonmal so verzerrt sein, dass das Wort gänzlich zum Ornament wird. Ein Beispiel für den Umgang mit Schrift als Dekoration habe ich hier auch nochmal hochgeladen: eine Schüssel mit einem kleinen Spruchband – Jesses ist das schön, oder????

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Wenn es darum geht bekannte Marken in arabisches Design umzusetzen sind die Ergebnisse auch oft interessant. Ausländische Namen werden 1:1 in die arabischen Laute transferiert und nicht im klassischen Sinne übersetzt (ginge ja auch nicht wirklich). Die Kunst der Gestalter liegt also dabei, möglichst viel optische Ähnlichkeit zu erzeugen. Hier ist mir IKEA gleich aufgefallen: Schriftdesign und Farben müssen identisch sein, da sie ins weltweite Design übertragen werden und 100%erkennbar sein müssen. Bei IKEA kommt erfreulicherweise hinzu, dass die arabischen Buchstaben zeichnerisch ziemlich genau den Rhythmus von I K E A haben und somit ein harmonisches Schriftbild entsteht. Da es im Arabischen kein „E“ gibt, wird es hier mit dem Alif umgesetzt, dass in diesem Fall wie ein „I“, also „I K I A“ ausgesprochen. Der Strich vorne wird verlängert durch die zwei Punkte zum langegezogenen „Iiiii“, dann folgt das „K“ und wieder die zwei Punkte unten („Iii) mit dem folgenden Strich, der hier ein „A“ ist. (Striche können, je nach ihrem Stand „I“, „A“, „U“ ausgesprochen werden).

Bei Coca Cola ist das nicht so gelungen.

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* Kalligrafie oder Kalligraphie (v. griechisch καλλιγραφία (kalligraphía) ist die Kunst des „Schönschreibens“ von Hand (Chirografie), mit Federkiel, Pinsel, Filzstift oder anderen Schreibwerkzeugen. Die Kalligrafie steht im Gegensatz zur Typografie, dem Setzen mit vorgefertigten Formen. Aufgrund des Bilderverbots im Islam wurde die kursive arabische Schrift in kalligrafischen Kunstwerken wie Linien verwendet, wodurch eindrucksvolle Bilder aus Buchstaben, sogenannte Kalligramme, entstanden. Da in den meisten Ländern der islamischen Welt nur die Kalligraphie als einzig erlaubte Kunstform galt, entwickelte sie im islamischen Raum auch eine beherrschende Rolle als Schmuckelement in der Architektur.

 

Der 18.12.

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Unsere Weihnachtsferien beginnen morgen mit dem Nationalfeiertag Qatars: Die Flaggen hängen schon seiten Tagen, Mauern wurden in den qatarischen Farben bepinselt, riesige Tücher verhängen Kaufhäuser, tausende Wimpelchen wurden gespannt und es fehlen natürlich auch nicht die Autoflaggen an den Fenstern und unzählige Porträts des Emirs und seines Vaters an Häuserwänden. Dazu kommt direkt am 18. die Militärparade, Flugshow, Feuerwerk und ausgelassene Einheimische (habe mir sagen lassen, dass sogar geschossen werden könnte – na toll), sowie Verkehrschaos ohne Ende, wenn Jugendliche ihre merkwürdigen Motoraufheul-, Hotwheel-Spielchen auf den Straßen veranstalten – ohne Rücksicht auf kilometerlange Staus hinter ihnen. Wie wir von A nach B kommen sollen ist mir ein Rätsel ….

Warum der 18.12.?
Seit 2007, auf Geheiß des damaligen Emirs, ist dieser Tag als Feiertag festgeschrieben. Er bezieht sich auf einen kriegerischen Konflikt am 18. Dezember 1878. Damals hatten Bahrainische Militärs qatarische Rebellen in Al Wakhra geschlagen. Dies jedoch bedeutete eine grobe Verletzung des „England-Bahrain-Vertrages“ und nach diesem Ereignis setzte England politische Kräfte in Bewegung, die den Beginn der Unabhängigkeit Qatars in Gang setzten und die königliche Al Thani-Familie als semi-abhängige Herscher unterstützten. Qatarische Nationalisten beschreiben diesen Krieg als „Qatars ersten Unabhängigkeitskrieg“. 15 Jahre später in der „Schlacht von Wajbah“ besiegte Qatar unter Sheik Jassim bin Mohammed Al Thani die Türken im sog. „Zweiten Qatarischen Unabhängigkeitskrieg“. Ein danach verfasstes Abkommen bildete die Grundlage zur Unabhängigkeit des Staates. De facto ist Qatar erst seit 1971 in einer konstitutionellen Erbmonarchie ein souveräner Staat. Der Nationalfeiertag, mit Bezug auf den 18.12.1878, ist somit eigentlich eher als ein Fest der nationalen Identiät zu sehen, als als Staatsgründungsfeiertag.

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