Was bleibt

Die meisten, mit denen ich mich Deutschland in diesem Sommer über Singapur unterhielt, haben bereits eine Meinung über diese Stadt, weil sie selbst einmal ein paar Tage da waren oder ein Bekannter es war. Tenor ist zum einen, dass es ja nur eine weitere Großstadt sei, die man nicht gesehen haben müsse, oder es wird geschwärmt von Autofreiheit und Sicherheit. Alles irgendwie richtig, aber irgendwie auch nicht.

Mein erster Kurzaufenthalt in Singapur hat mich jedenfalls begeistert. Aus Katar kommend, dem leeren Wüstenstaat mit einer immer noch recht gemächlichen Metropole, war ich zunächst begeistert vom prallen Leben. Voll, bunt, frei.

Heute weiß ich: Singapur ist eine weitere Großstadt, die man natürlich auch auslassen kann, genauso wie Hamburg, München oder Doha. Man muss ja nichts gesehen haben müssen!
Und was die Sauberkeit angeht: Ja, es ist im Großen und Ganzen sauber/er, aber es gibt ebenso viele dreckige Ecken, glatte wie individuelle Viertel, ruhige wie wuselige. Singapur kann bezaubern und um dies zu entdecken braucht man mit Sicherheit mehr als ein paar Tage, an denen man sich nur an den Mainstreams der Touristen orientiert.
Die Fadenscheinigkeit des Glitzer-Glamour-Wohlgestaltet wird erst nach intensiverem Erleben deutlich. Für mich wurde nach einiger Zeit das Volle nervig, das Bunte anstrengend und beliebig und das Freie ist in einem nicht demokratischen Regierungssystem eh relativ.

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn als Expat lebt es sich, wie immer, gut. Die teuren Mieten und Schulgebühren trägt meist der Arbeitgeber, da fällt schonmal eine Menge an Kosten weg und man kann sich dann auch gesundes Leben leisten. Und die vielen Regeln, die, bricht man sie, hart bestraft werden, kommen der Sicherheit für einen selbst und vor allem der Kinder zugute! Freiheit bedeutet immer auch Chaos und Chaos ist in Singapur eben verboten.

Es gibt aber auch, neben den Nörglern wie mir, die uneingeschränkten Schwärmer, die Begeisterten, die am liebsten hierblieben, es manchmal sogar auch für Jahrzehnte tun. Schwer fällt ihnen der Gedanke an die irgendwann fällige Rückkehr ins chaotische, ja rückständige Deutschland, ins naja, eben „normale“ Leben. Aber machen wir uns nichts vor … Unweigerlich müssen die meisten wieder zurück, spätestens wenn die Rente winkt und in Singapur keine Aufenthaltsgenehmigung mehr gegeben wird. Also lieber ein bisschen auf dem Teppich bleiben, das Neue, Andere staunend betrachten, genießen und nicht vergessen, aus welchem Stall man kommt.

Was bleiben wird sind die vielen Erinnerungen, die nur im Rückblick erst richtig schön sind und das neue Wissen, das einem erlaubt die Welt mit anderen Augen zu sehen. Das ist eigentlich das Beste an allem.