Auf Heiligem Land | 3.

D. schenkt uns heute den Satz des Tages, indem er bei der Morgenandacht um 9 Uhr – ja, auch das gibt es jeden Tag – dies in den Raum wirft: „Warum schrieb Moses die zehn Gebote auf zwei Tafeln und nicht auf eine?“ Leider bleibt er die Antwort schuldig, referiert lieber über „Numeris“, einem Teil des Alten Testaments, den ich mit Sicherheit nun lesen werde. Wie geht der Tag dann weiter bis zum jetzigen Zeitpunkt, an dem ich im Essenssaal unserer Bleibe sitze, vor mir alle Pfarrer und Pfarrerinnen, trinkend und redend am gegenüberliegenden Tisch? Oh, gerade erfahre ich, dass ein Mitreisender mit undefinierbarem Ausschlag ins Krankenhaus kommt. Weiterlesen

Anreise Amman | 1.

Zwei Männer Mitte 50 sitzen vor der Abfertigung auf dem Boden, beide in braunen Kaftanen gekleidet, schwarze Bärte, sehr dunkle Haut, weißes Käppi. Der eine im Schneidersitz, der andere einen Arm lässig über sein angezogenes Knie hängend, das andere eingeklappt. Ihre nackten Füße zeigen direkt auf das Fladenbrot, dass vor ihnen auf einem Stück Papier liegt und genüsslich schmatzend verspeisen. Vor mir steht eine sportlich gekleidete Dame mit Kurzhaarschnitt. Sie liest in einem Buch. Ich kann den Titel gerade noch sehen, bevor es losgeht: „Girlboss“. Um mich herum fast nur Männer, einige Frauen mit bunten Kopftüchern, kein Europäisches Gesicht, außer meinem. Man starrt mich an, ich nehme an auch wegen meiner grauen Haare, die heute arg wild flattern. Das muss die trockene Luft sein. Wenn Jordanien halbwegs so ist wie dieser Augenblick, kann es nur interessant werden … In fünf Minuten ist Boarding TIme nach Amman. Ich wage es also. Noch vor ein paar Tagen wollte ich absagen. Den Sohn vor allem alleine lassen während der Schulzeit – eigentlich ein No Go. Jetzt bin ich froh, dass Mann und Sohn sich eine Woche durchkämpfen. Ich bemerke selbstkritisch, was ich doch für ein Muttertier bin. Weiterlesen

Auf der Suche nach Typisch

9. März,  6 Uhr 34 morgens. Der Sohn liegt schon mal auf dem Sofa und braucht jetzt nur noch 10 Minuten um sich für die Schule fertig zu machen. Es regnet wie aus Kübeln, blitzt und donnert und ich fühle mich fast, nein, ich fühle mich wie zu Hause in Frankfurt. Wäre da nicht das Video, dass ich gestern abend gesehen habe, von einem fast ausgewachsenen Tiger, der in Doha auf der Autobahn verzweifelt herumlief. ”Typisch Katar“, lauteten die Kommentare: „Da hat sich wieder mal ein Scheich eine kleine Katze gekauft und dann ist sie einfach zu groß geworden“. Nach fast drei Jahren Doha frage ich mich: Was ist eigentlich typisch für Katar und was ist nicht? Und was ist vergleichbar mit Deutschland? OK, Tiger laufen wohl in Deutschland nicht so oft herum, aber das hier ist ja auch der erste, von dem ich höre.

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