„Ja leckts mi am Arsch!“ – Besuch in der Wüste

Ich hatte mir Besonderes erhofft mit der Buchung eines Wüstenabends bei Kamel-Uschi auf ihrer Farm in der Nähe Dubais. Und – ja – irgendwie hat sich diese Vorstellung auch erfüllt, denn skurriler hätte es nicht sein können. Uschi empfängt uns herzlich, spricht sie arabisch oder allgäuisch? Das ist gerade nicht wirklich gut zu unterscheiden. Zur Begrüßung gibt’s Ingwertee und später süße Quarktaschen (Legimat geheißen) mit Dattelhonig überträufelt. Ich verzichte wegen meines empfindlichen Magens, der Rest der Truppe ist schonmal begeistert. Uschi erzählt von ihrer Kamelzucht und den vielen Diskussionen mit den Locals, die auch Kamele von ihr betreuen lassen. Dass sie die Tiere liebt, sieht man. Schüchtern stellt sie uns „den Raucher“ unter ihnen vor, erst letzte Woche hatte sie Ärger mit Nichtrauchern unter den Besuchern, die es nicht lustig fanden, dass sie und ihre Mannschaft den Gelüsten dieses Bullen nachgeben. Wir sind härter im nehmen, haben Verständnis für Suchtverhalten und dürfen also erleben, wie dieses wirklich schöne Tier begeistert Lungenzüge genießt. Uschi taut auf. Und erzählt. Unsere Mitbeduinen für einen Tag sing junge Neu-Expats mit eingeflogener Oma und insgesamt drei Kindern, die nicht wirklich gesprächig sind.

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Als die erste Truppe auf Kamelfahrt durch die Wüste am Horizont verschwindet, entscheide ich mich auch für einen Versuch. Es ist erstaunlich bequem, nur eine gerollte Plüschdecke hält mich vom Abrutschen zurück und als Letzte wanke ich also auf Habibi hinter weiteren 5 Kamelen über den heißen Wüstensand. Es müffelt nur mäßig, der Reiter fühlt Erhabenheit, im Hintergrund der Muezzin … Was will man mehr?
So ignoriere ich das Knacksen im Rücken, die verklumpten Kamelhaarbüschel an der Kleidung und den Sand zwischen den Zähnen. Gott, ist das schön!

Dann geht’s in die Majlis, dem offenen Zelt der Beduinen, ein bisschen Dünenwandern zwischendurch und auf das Essen warten. Nur der Mann beobachtet die Herstellung und ich bin froh, dass er mir das Gesehene erst nach dem Essen erzählt. Es schmeckt.

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Höllenküche: In den Löchern links unten schmoren die Hühner

Spannend wird’s, als die Jungs ein merkwürdiges Tier entdecken, dass sich rasend schnell bewegt und wie eine Kreuzung aus Skorpion und Vogelspinne ausschaut. Uschi will uns beruhigen, doch als sie es erblickt, fängt sie an zu schreien und stößt jenes „Ja leckts mi am Arsch!“ aus, dass uns noch Stunden später – und ich prognostiziere mal: auch noch viele weitere Jahre – als Ausdruck unschuldigen Erstaunens in schallendes Gelächter ausbrechen lässt. Der Satz „Des is bschtimmt e Kämmelschpaida, des hen i noch nia gsä in 25 Jahr des wo i hia bi!“ folgt auf dem Fuße. Diese Frau ist unglaublich!
Sie ruft ihre Leute beisammen, sie stürzen sich sofort auf das Tier und erschlagen es mit Matthias’ Schuh. Internetrecherchen ergeben am nächsten Morgen, es stimmt: Es war „ä Kämmelschpaida“. Ich erspare dem Leser hier eine Abbildung, es ist einfach gar zu schauerlich und wer will, möge einfach „Kamel-Spinne“ googeln.

Da das angebotene Wasser eine kritische Farbe hat und wir nur verhalten trinken, lechzen wir gegen 21 Uhr nach kaltem, klarem – Bier. Noch müssen wir durchhalten, Uschi erzählt von ihren Anfängen in Dubai in 1988 (“ I hen was sonnigs, ruhigs, untouristischs gsuhcht“) mit zunächst jährlichen Besuchen. Seit 2000 ist sie nun schon als Resident hier und seit 11 Jahren hat Deutschland sie nicht mehr gesehen.

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Uschi Musch bei der Arbeit

Der Sohn leidet mittlerweile, er langweilt sich, schwitzt und will endlich zurück. Doch Uschi ist nicht mehr zu bremsen. Nun wird die Parfum- und Rauchwarendose geöffnet, wir werden eingeräuchert („Ei lof Buchur*!“) und schnuppern an Mango- und Safranparfüm und Düften, die an Maschinenöl erinnern und einem den Atem rauben. Dem hält in der Tat kein Kamelgeruch stand. Ihr kleines Beduinenpfeifchen bekommt sie allerdings nicht los. Keiner mag dran ziehen. Die heutigen Gäste leben einfach zu gesund. Immerhin wissen wir jetzt nun, das die Thope-Träger Katars, wenn sie im Souq beim Pfeifchen zusammensitzen keinen durchziehen, sondern der Pflege alten Brauchtums nachgehen.

Nach herzlicher Umarmung von Uschi brausen wir durch die Nacht zurück nach Dubai, ein kleiner Muskelkater vom wüsten Schiffen kündigt sich leise an und wir freuen uns über diesen einzigartigen Nachmittag und das nahende Stella Artois im Belgium Café …

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Der Kontrast: Blick aus dem Fenster unserer Freunde in Dubai

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* „Buchur“, bzw. „Bakhour“ ist orientalisches Räucherwerk.