Kein Wasser an Silvester

Reisefazit des Sohnes: »Am schönsten waren die Mädchen!«
Dass wir die Reise überhaupt gemacht haben war natürlich eigentlich das Beste und dass wir unseren strammen Reiseplan durchzogen: Flug über Muskat nach Teheran zu Almut und Ingo, 2 Tage Teheran, davon ein Tag Skifahren auf dem Torchal, dann 6stündige Busfahrt nach Isfahan, einen Tag Isfahan mit Reiseführerin, Busfahrt zurück nach Teheran, noch einen Tag dort und wieder zurück nach Doha.
Puh.

Die Eindrücke waren für uns alle riesig. Viele Vorstellungen über Land und Leute wurden korrigiert – besonders über die Menschen, die dort leben – sofern man das in der Kürze der Zeit beurteilen kann. Iran, das sei abgesehen der politischen Verhältnisse und als Fazit gesagt, ist ein tolles Land – dort leben möchte ich allerdings nicht. Allein schon am Kopftuchtragen bin ich recht verzweifelt. Die Iraner sind genauso, wie es in den Reisführern steht, sehr freundlich und hilfsbereit, man schaut überwiegend in neugierige und offene Gesichter, egal ob Mann oder Frau. Unsere kleine reisegruppe, vor allem aber Lorenz, waren sehr beliebte Fotomotive. Man wollte uns unbedingt die Hand schütteln und immer wieder versichern, dass es im Iran keine Terroristen gäbe. Warum wir motivtauglich waren, blieb mir jedoch ein Rätsel. Auch das Argument unserer Reiseführerin in Isfahan »Aber das ist doch, weil wir Euch Europäer so schön finden!«, konnte mich nicht wirklich überzeugen.

Teheran ist riesig und die Luft schlecht. Dazu kommt die Höhenlage der Stadt. Wir waren ganz schön am schnaufen. Der Mann meinte bei unserer Rückkehr, er hätte nie gedacht, dass er Doha einmal als „licht und luftig“ empfinden würde (immerhin ist Doha die Stadt mit dem höchsten pro-Kopf Co2-Ausstoß und hat eine extrem hohe Feinstaubbelastung). Aber so war es tatsächlich.

Beeindruckend war natürlich irgendwie alles. Das I-Tüpfelchen unseres Aufenthaltes waren die Geschichten, die uns Nassim in Isfahan erzählte, während wir den Bazar hinter und längs des riesigen Meidan-e Nagsh-e Jahan durchstreiften. Der Orient war plötzlich ganz nah, als sie berichtete wie die Karawansereien vor 4oo Jahren dort entstanden, warum die halben Kuppeln der Moscheen meist mit Stalakktiten ausgeschmückt sind, wie eine uralte Wasseruhr funktioniert, oder dass es in den Oasen den oob ryys’sa, den sogenannten „Wasser-Chef“ gab, einen Mann, der diese Uhren kontrollierte, oder wie ein „natürlicher“ Lautsprecher dank ausgeklügelter Architektur entstehen konnte, wenn man sich auf einen speziell gekennzeichneten Platz in der Freitagsmoschee stellt, oder warum der Gebetsleiter beim Gebet in einem ausgemauerten Grabaushub steht. Am schönsten jedoch war die Kachel-Geschichte in der einstigen Frauen-Moschee Lotfallah, der die Frauen ihren kleinen gestalterischen Stempel aufdrückten: Im Islam sind bestimmte Farben, besonders die Farbe Rot verboten, denn diese Farbe symbolisiert Blut/Krieg und Wein/Sinnestrübung. So dominieren bei der Ausschmückung vor allem Blau, Gelb, Gold, Schwarz, Weiß und Beige. Die Frauen jedoch widersetzten sich dem Regelwerk, denn sie wollten es ein „schön“ haben und setzten rote Farbtupfer überall in die Zwischenräume der Buchstaben, die nur zu erkennen sind, wenn man genau hinschaut und auch dann nur, wenn eine Nassim die Geschichte dazu erzählt. Ich habe die roten Tupfer fotografiert, ihr seht sie oben im Seiten-Header. Die ganze Moschee ist übersät damit. Wunderbar!

Dank des landesweiten Alkoholverbots durften wir heuer auf einen dicken Kopf an Silvester verzichten. Jedoch gibt es ja immer Mittel und Wege und so konnten wir zumindest in Teheran „Kein Wasser“ genießen, einen selbstgebrannten Schnaps, der, vermischt mit unserem mitgebrachtem Tonic Water, ein nettes Gin-Tonic-artiges Gesöff ergab, mit der sich eine kleine angenehme Umdrehung erreichen lässt. Ein Dank von hier aus an unsere Gastgeber, die uns zum einen eine wunderbare Herberge gaben und zum anderen durch ihre langjährigen Kontakten zu einheimischen Schnapsbrennern diese Köstlichkeit kredenzen konnten. Der Schnaps wird in Wasserflaschen abgefüllt geliefert und damit es keine Verwechslungen gibt, mit dem Aufkleber „Kein Wasser“ versehen.

Unser Lieblings-Satz-Kreationen waren: „Wollen wir kein Wasser trinken?“, oder „Kein Silvester mit kein Wasser“!, oder „Kannst Du bitte kein Wasser aus der Küche mitbringen?“ , oder „Ist noch kein Wasser da?“

Bilder unserer Reise 27.12.2015 bis 2.1.2016

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