Artikel für Dillenburg

Im Dezember erschien der folgende Artikel in „Kontakte“, dem Gemeindebrief der Ev. Kirche in Dillenburg. Ich schrieb ihn auf Wunsch meiner Mama. Wie er ankam weiß ich nur bedingt, dass er gelesen wurde schon. Mittlerweile schreibe ich selber hier schon Gemeindebriefe und Newsletter. Mein Engagement für die Gemeinde in Doha hat sich extrem vergrößert. Verrückt, was man so macht und was einem wichtig wird, wenn man woanders „unterwegs“ ist.

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Eine deutschsprachige christliche Gemeinde am Arabischen Golf

Liebe KONTAKTE-Leserinnen und -Leser,
ich folge heute der Bitte meiner Mutter EB, die meinte, ich solle »doch mal ’was
für den Dillenburger Gemeindebrief  schreiben« – über mein Leben am arabischen
Golf, aber vor allem über unsere kleine, deutschsprachige, christliche Gemeinde in
der muslimischen Großstadt Doha. Seit über zwei Jahren lebe ich hier, in der Hauptstadt von Qatar, mit meiner Familie. Meinen Mann, AH, ebenfalls Dillenburger, hat es beruflich hierher geführt und Mitte 2013 starteten wir mit unserem damals 10jährigen Sohn voller Abenteuerlust Richtung Mittlerer Osten.

Wüste und Hitze prägen das Land, das nicht viel größer als Hessen ist. Qataris
machen nur 20% der Gesamtbevölkerung aus! Inder, Bangladeshi, Indonesier,
Amerikaner, Europäer und viele weitere Nationalitäten bilden den größten Teil
der Einwohner. Vor rund 60 Jahren, mit Entdeckung eines der größten Gasfelder
der Erde, begann das gigantische Wachstum und heute ist Qatar eines der
reichsten Länder, die es gibt. Es ist ein traditionelles, muslimisches Land, dessen
Herrscher Emir Tamim bin Hamad Al Thani ist. Um es gleich vorwegzunehmen:
Unverschleiert sein, Auto fahren, arbeiten, studieren, das alles ist für ausländische
Frauen und auch mittlerweile für viele moderne, qatarische Frauen möglich. Respektiert man die hiesige Kultur, kann man sich alles in allem frei bewegen.

Dank der Öffentlichkeit und Kritik, die Qatar durch seine Bewerbung für die Fußball-
weltmeisterschaft 2022 erhält, wird heute vieles überdacht, neu bestimmt und
hoffentlich in Zukunft auch verändert. Dazu gehören veraltete Gesetze und nicht
zuletzt der respektvolle Umgang miteinander, der lebenswichtig ist, wenn so viele unterschiedliche Kulturen und Glaubensrichtungen aufeinandertreffen.

Das Praktizieren nicht islamischen Glaubens wird offiziell akzeptiert, dies jedoch nur
an einem bestimmten Ort in Doha, dem sogenannten »Religious Complex«, eine
Art Dorf, fast schon in der Wüste gelegen, in dem sich Kirchen und Glaubens-
gemeinschaften geschützt zusammenfinden können. Außerhalb dieses Complexes
sind religiöse Handlungen und Gottesdienste nicht gestattet. Jede Gruppierung hat
ihr Gebäude, ihren Raum und ihre Gebetsstätten. Das größte Gebäude beherbergt
die Katholische Kirche, ein weiteres ist die »Anglican Church«, es gibt aber auch
kleine Gemeinschaften, die Syrian Orthodox Church, die Free Orthodox Church,
die Kopten, Pfingstler, Methodisten und viele mehr – ein Sammelsurium vieler
Glaubensrichtungen aus allen Kulturen. Auch die deutschsprachige christliche
Gemeinde trifft sich hier.

Im Moment leben nur 1700 Deutsche in Qatar. Jeder versucht hier sein persönliches,
auch finanzielles Glück zu finden, die meisten bleiben nur einige Jahre und so
bestimmt vor allem »Kommen und Gehen« das soziale Leben. Unsere Gemeinde
besteht aus deutschsprachigen Christen beider Konfessionen. Wir treffen uns
regelmäßig und werden von der deutschen, evangelischen Pastorin Almut Birken-
stock-Koll aus Teheran und seit einigen Monaten auch von dem deutschen, katholi-
schen Pfarrer Reinhold Sahner aus Abu Dhabi betreut. Eine eigene Pfarrei gibt es
nicht und so besuchen uns die beiden im Wechsel alle 6 bis 8 Wochen, besonders natürlich zu wichtigen Kirchenfesten.

Die Gemeinde organisiert u.a. Kindertreffs, Ausflüge, Gemeindeabende und das jähr-
liche »Newcomertreffen«. Hier werden, wenn nach den großen Sommerferien viele
das Land verlassen und neue Bewohner ins Land strömen, alle deutschsprachigen,
neu Zugezogenen in Doha willkommen geheißen und mit wichtigen Tipps versorgt.

Sehr beliebt ist der Nikolaustag, den wir in der Wüste feiern. Über die großen Dünen
kommt der Nikolaus dann zu den Kindern, oder, wenns zu warm ist, auch mal auf der
Ladefläche eines Pick-Ups angefahren, verteilt seine Geschenke und verschwin-
det nach seinem beindruckenden Auftritt im Sonnenuntergang! Bei ca. 23°C, für
hiesige Verhältnisse ist das schon recht frisch, gibt’s dann für alle Stangenbrot am
Lagerfeuer und kräftig werden Weihnachtslieder geschmettert.

Die aktive Gruppe unserer Gemeinde ist leider nur klein, aber es sind besondere und
interessante Menschen, die sich in einem Umfeld zusammenfinden, in dem es ungewöhnlich bleibt christlichen Glauben zu leben. Diese Gemeinde in einer fremden Kultur bildet eine Art inneres Zentrum und eine Gemeinschaft, in der man sich einfach geborgen fühlen kann.

In kommenden Jahr wird im Gemeindeleben ein erstes Highlight die Nahostkonfe-
renz der EKD in Jordanien sein, zu der auch Mitglieder der Gemeinde Doha eingeladen
wurden und natürlich freuen wir uns ganz besonders auf die Konfirmation unseres
Sohnes im Frühjahr. Ob die Paten aus Deutschland kommen, ist noch nicht ganz klar, aber es soll ein großes Fest geben und wir sind glücklich, dass wir es genau hier feiern dürfen.

Herzliche Grüße aus dem »winterlichen« Doha sendet Ihnen CHB

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